Was ist ein Reetdach und wie wird es gebaut?

Ton war noch bis vor kurzer Zeit ein sehr teures Material, da das Brennen von Ziegeln als auch die Beschaffung des Lehms sehr zeitaufwendig war. Deshalb wurden oft in kleineren Dörfern oder in Gegenden, in denen es wenig Lehm gibt, das sogenannte Reet für den Bau von Dächern verwendet. Hierbei handelt es sich um ein Schilfrohr, welches an Flussufern oder in sumpfigen Gebieten wächst. Für den Bau der Reetdächern wird hier das Reet zuerst getrocknet und dann in große Bündel zusammengesetzt. Anschließend wird es zum Decken des Daches anstelle von Ziegeln verwendet. Das Decken von Dächern mit Reet reicht bis in die Anfänge der ersten menschlichen Zivilisationen um das Jahr 4000 v. Chr. . Das Handwerk des Deckens von Reetdächern wurde vom Land Mecklenburg-Vorpommern als ein immaterielles Kulturerbe bei der UNESCO eingereicht und zählt seit 2014 zu diesen.

Grundsätzlich werden die Dächer aus Reet in einem Winkel von 45 Grad gebaut und haben eine Dicke von 50 Zentimetern. Da an dieser Art des Daches keine Regenrinne angebracht werden kann, ist es zwingend notwendig, diese einen großen Abstand über die Hausmauer herausragen zu lassen. Dies ist im Durchschnitt eine Länge von 80 Zentimetern. Generell benötigen Reetdächer mehr Pflege als andere Dächer, doch haben sie eine erstaunlich lange Lebensdauer, mitunter 30 bis 50 Jahre. Den Aufbau eines Reetdaches kann man in zwei verschiedene Arten einteilen. Die erste Art der Deckung ist die sogenannte Kaltdeckung oder auch die nicht ausgebaute Dackdeckung aus Reet, die zweite Art ist die Warmdeckung oder auch die ausgebaute Dackdeckung aus Reet. Die früher am häufigsten verwendete Art ist die Kaltdeckung, die häute vor allem im Norden Deutschlands immer noch Anklang findet. Hierbei werden die Reetbündel einfach auf die Dachkonstruktion aus Holz platziert, sodass das Reet von der Innenseite des Dachbodens zu sehen ist. Dies ist die einfachste Art des Reetdaches, sie sorgt jedoch auch für ein paar Schwierigkeiten und Probleme. Grundsätzlich ist Reet ein sehr guter Wärmeschutz, gerade wegen der geringen Rohdichte, und sorgt für guten sommerlichen Wärmeschutz und winterlichen Kälteschutz. Doch dadurch, dass Reet keine feste Oberfläche hat und eine gewisse Halmstruktur, gibt es viele Lücken, durch die der Wind hindurchfahren kann. Somit wird die natürliche Wärmedämmung des Reets praktisch ausgehebelt. Dadurch kann es dazu kommen, dass die warme Luft im Sommer und die kalte Luft im Winter durch den Wind von außen hereinkommt und somit den natürlichen Wärmeschutz des Reets sinnlos macht. Dies ist eines der Hauptnachteile der Kaltdeckung. Ein weiterer Nachteil der Kaltdeckung ist der Ablauf des Wassers. Wenn das Dach etwas älter ist, dies meint über 15 Jahre, kann es dazu kommen, das Wasser in das Reet eindringt und dort hängenbleibt. Dadurch kann es zu einer Schimmel und Pilzbildung kommen. Dies liegt daran, dass das Reet sehr dicht gepackt ist, jedoch aufgrund seiner Halmstruktur leicht wasserdurchlässig ist, nicht jedoch soweit, dass es ins Haus kommen könnte. Dies geschieht auch nur, wenn es Fehler in dem Dach gibt oder das Dach alt ist.
Die zweite Art der Dachdeckung ist die Warmdeckung, welche versucht, ein paar der oben genannten Probleme vorzugreifen. Diese setzt moderne Mittel ein und wird erst seit dem 20. Jahrhundert eingesetzt. Anstatt das Reet auf direkt auf die Holzbalken zu legen, wird hier eine Zwischenschicht eingeschoben, meist aus Holz. Dies sorgt dafür, dass der Wind nicht in das Innenhaus eindringen kann, welches eine zusätzlicher Isolierung darbietet. Eine weitere Änderung zu der altertümlichen Bauweise ist eine Beschichtung des Reets mit einer sogenannten Zellulosedämmschicht. Diese wird auf das Reet gesprüht und umschließt die einzelnen Ballen. Diese Zellulosedämmschicht sorgt nicht nur dafür, dass eine zusätzliche Isolierung entsteht, sondern auch dass das Reet eine längere Lebensdauer erhält und wasserdichter wird, wodurch sich die Instandhaltung des Daches um ein Wesentliches verkürzt. Durch die zusätzliche Schicht gelingt es den Wassertropfen nicht, in die Halmstruktur des Reets zu gelangen, und somit können sich kein Schimmel oder keine Pilze bilden.